Libyen (realpolitisch)

Die Intervention in Libyen wird scheitern. Die deutsche Enthaltung im Sicherheitsrat war gut durchdacht; und wenn sie Westerwelle als Fehler vorgehalten wird, so ist das mit einiger Sicherheit innenpolitisch motiviert.

Luftschläge allein können keine Demokratisierung erzwingen – und sie sind offensichtlich auch nicht ausreichend, den Aufständischen im Osten Libyens zum militärischen Sieg über Gaddafi zu verhelfen.

Selbst wenn das der Fall wäre,  so müsste sich erst zeigen, ob eine funktionierende Demokratie wirklich das Ziel der Aufständischen ist. „Die Rebellen“ sind keine ideologisch geeinte Gruppe. Zusammengehalten wird sie nur durch den Wunsch, endlich Gaddafi loszuwerden; das aber schließt einen lupenreinen Demokraten ebensowenig aus wie einen radikalen Islamisten.

Und sogar den überaus optimistischen Fall vorausgesetzt, dass es trotz militärischer Unfähigkeit zum Sieg der Rebellen über Gaddafi kommt; und vorausgesetzt, dass die ganze Rebellion trotz anderslautender Berichte geeint hinter dem Gedanken der Demokratie steht: dann ist immer noch höchst fraglich, ob dieses neue Libyen überhaupt in absehbarer Zeit zu einer stabilen Demokratie umgebaut werden kann. Gaddafi hat durchaus noch Unterstützer; und der stammeszentrierte Aufbau der Gesellschaft würde die Identifikation mit den neu errichteten demokratischen Institutionen entweder erheblich erschweren oder effektiv verhindern.

Durch ihre militärische Intervention haben Frankreich und Großbritannien also die Verantwortung für einige erhebliche Unwägbarkeiten übernommen. Der Einmarsch und die Besetzung Lybiens mit Bodentruppen könnten zwar die militärische Unterlegenheit der Aufständischen ausgleichen, würden aber die tiefer liegenden Probleme und Unwägbarkeiten des Einsatzes noch einmal steigern. Die Situaton in Libyen würde sich in einem solchen Fall vermutlich innerhalb einiger Monate der zu Beginn des Irak-Kriegs annähern.

Ein Ausweg aus dem Dilemma, und meine persönliche Prognose zum weiteren Verlauf des Konflikts, besteht in einer diplomatischen Lösung: Gaddafi bittet in einer ihm militärisch angenehmen Lage zu Gesprächen, bei denen er vorzeigbare Kompromisse anbietet, welche Sarkozy und Cameron wiederum in der Heimat zur Rechtfertigung ihrer Intervention heranziehen können. Praktisch behält der Gadaffi-Clan seine Macht, während versprochene Demokratisierungen mit der Zeit im Sand verlaufen und nichts Wesentliches sich grundlegend ändert.

Es ist bedauerlich, dass die Verbündeten Deutschlands in der EU dies anders gesehen haben.

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